Achtsam sein…achtsam werden? Hm, irgendwie ist man doch immer achtsam. Das Problem ist einfach, dass man diese Aufmerksamkeit immer auf dieselben Dinge fokussiert. Wie heisst es so schön „Die kleinen Freuden im Leben“ gehen leider zu oft unter.
Diese Woche habe ich mir einmal vorgenommen, während den 1,5 Stunden mit dem ÖV nach Rorschach ganz besonders achtsam zu sein. Gleich beim Einsteigen in den Bus nehme ich schon Vieles wahr. Trotz des bis auf den letzten Platz besetzten Busses herrscht eine überraschende Stille. Es wird wenig gesprochen, was wohl daran liegt, dass nicht jeder Mensch die Morgenstund mit Gold im Mund beginnt. Von einigen Plätzen schallt Musik aus den Kopfhörern, ansonsten ist noch der meditative Klang des an die Fenster prasselnden Regens zu vernehmen. Im Zug wird die Geräuschpalette ergänzt: 20min-Zeitungsblättern unterstrichen von „Nächster Halt Gossau.“
(Kurz) vor der Ankunft in St. Gallen bildet sich die übliche Menschenschlange. Keine Ahnung, warum sie alle lieber die letzten Meter stehend Zug fahren.
Und hier beginnt dann das stressige Leben. Hunderte von Menschen strömen über den Perron. Alle haben ein Ziel und wissen genau, wohin sie wollen. Hinter jeder Frau, jedem Mann steckt eine interessante Lebensgeschichte, die aber in der der Masse untergeht und momentan auch gar niemanden interessiert. Alle wollen nur so schnell wie möglich von A nach B gelangen oder sich im Bus einen Sitzplatz ergattern.
Auf dem Nachhauseweg dann ein weiteres Phänomen, das mir schon öfters aufgefallen ist. Man sagt ja, der Mensch sei ein Herdentier. Er braucht die anderen Menschen. Komisch nur, dass sich jeder im Zug zuerst ein freies Abteil sucht. In den Stosszeiten werden diese Plätze sowieso noch besetzt. Man könnte doch auch einfach die Sitze von vorne her auffüllen. Schliesslich haben vier Leute pro Abteil Platz. Wer setzt sich im Bus schon direkt neben eine andere Person, wenn der Rest leer ist? Zugegeben, auch ich gehöre nicht dazu.
Mein Fazit zum achtsam Sein: Ich kann mich zwar immer wieder daran erinnern, achtsam zu sein. Letztendlich denke ich aber, dass mir einfach diejenigen Dinge auffallen, die mir sonst auch ins Auge springen. Es gibt Schriftzüge, die ich jedes Mal lese, wenn ich mit dem Zug vorbeifahre, obwohl ich schon längst weiss, was darauf steht.
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Ich finde deinen Blog sehr spannend... Zug oder Bus fahren finde ich sowieso sehr interessant... was man da alles beobachten kann, unglaublich. Wir sind bestimmt bereits neben Menschen gesessen, die unglaublich spannende Dinge zu erzählen gehabt hätten, vielleicht auch Menschen, die jemandem zum Reden gebraucht hätten... wenn man dann einemal angesprochen wird, kommt einem das dann irgendwie seltsam vor? Was will der/die von mir? Hmm... mir fällt jeden Morgen auf, dass der Busfahrer vor der Endstation am Bahnhof Buchs sagt: "Vielen Dank und ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag". Kein Mensch gibt irgend eine Rückmeldung oder sagt gleichfalls. Auch ich nicht. Insgeheime natürlich schon... aber das bringt dem Chaffeur wohl nichts. Ich entschuldige die Situation immer dadurch, dass ich mir sage "es ist halt noch früh morgens". Doch wäre es am Nachmittag anders? Ich denke nicht...
AntwortenLöschenDein Blog ist ein guter Bericht aus dem Alltag. Als täglicher Pendler fallen mir dein Beispiele auch immer wieder auf. Auch ich setze mich eigentlich immer in ein leeres Zugabteil, ausser ich kenne jemanden. Und wenn sich dann jemand in mein Abteil setzt, obwohl noch andere frei sind, dann schaue ich ihn oder sie zuerst schon mal etwas komisch an. Dies ist mir gerade gestern passiert. Eine ältere Frau hat sich zu mir gesetzt und wir haben bis Rorschach diskutiert. Zugegeben, es war nicht sehr spannend, doch trotzdem kommt man so in Kontakt mit anderen Menschen.
AntwortenLöschenZeit ist knapp
AntwortenLöschenEs gab eine Zeit, da wurden die Abteile von Vorne aufgefüllt. Zugfahren war den Privilegierten vorbehalten. Die Leute waren einander fremd, dennoch sprachen die Menschen miteinander. Man tauschte Reiseerlebnisse aus. Man fragte das gegenüber nach der Herkunft, nach dem Beruf und nach anderen Dingen. Man nahm sich Zeit für das Zugfahren und für Gespräche mit den Mitfahrern. Die Zeit ging den Menschen verlogen. Heute hat man keine Zeit mehr, sich mit fremden Leuten abzugeben. Die kurze Zeit möchte man im Zug alleine verbringen. Man möchte nicht angesprochen werden. Man möchte nur in kurzer Zeit von A nach B kommen. Heute geht alles Schnell und ohne grosse Worte. Ich würde gerne noch weiter schreiben, aber ich sollte eigentlich schon in St.Gallen sein. Sorry...
Hallo Melanie
AntwortenLöschenAuch ich habe deinen Blog mit grossem Interesse gelesen. Du hast deine tägliche Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr treffend beschrieben. Ich nehme jeweils fast die gleichen Dinge wahr, welche du auch notiert hast. Ich gehöre eben auch zu den Leuten, die gerne alleine im Zugabteil sitzen. Wenn sich dann jemand neben mich setzt und versucht, eine Unterhaltung mit mir zu führen, bin ich oft leicht genervt. Dies schiebe ich dann jeweils den frühen Morgenstunden in die Schuhe.
Zu deinem Fazit: Versuche doch ganz bewusst die Dinge wahrzunehmen, die du eben ausser Acht lässt..Ich bin überzeugt, dass du noch weitere, spannende Dinge wahrnehmen wirst..
Liebe Grüsse
Isabelle Geel, LG 06Cd